Mit einem Experimentierkasten KI erkunden? Das klingt zunächst nach einer guten Gelegenheit, sich spielerisch und ganz praktisch mit dem Thema Künstliche Intelligenz auseinanderzusetzen. Der Kasten enthält einen Roboter, den man selbst zusammenbaut und trainiert, auf Gesten, Sprache oder Geräusche zu reagieren. Gedacht ist das Set für 11- bis 16-Jährige, aber zum Lernen, Experimentieren und Spielen ist man schließlich nie zu alt. Ein Interview mit dem Verlagsleiter des Herausgebers machte neugierig, Kundenrezensionen fielen bisher recht gut aus, außerdem gewann das Experimentier-Set 2023 auf der Spielwarenmesse Nürnberg einen Preis („Toy Award“ in der Kategorie „Teenager und Erwachsene). In der Beurteilung heißt es: „Gelobt werden in der Jurybewertung das ganzheitliche Konzept, die Einbindung in eine Geschichte mittels eines Comics, die ausführliche Anleitung mit lehrreichem Hintergrundwissen sowie die Möglichkeit, eigene Gesten zu definieren.“ Aufgrund dieser positiven Bewertungen testeten auch einige KI-Lernorte des Projekts „KI für ein gutes Altern“ den Experimentierkasten. Wie kommt nun der Experimentierkasten bei generationenübergreifenden KI-Lernangeboten an? Bisher durchwachsen:
Zusammenbau
Ein Mehrgenerationenhaus berichtet „Beim Miika K.I.-Roboter des Herstellers Kosmos handelt es sich um einen Bausatz, mit dem Kinder einen eigenen kleinen Roboter bauen können, der mittels KI steuerbar ist. Die Kunststoffteile werden in mehreren Spritzgussgittern geliefert. Die Einzelteile müssen per Hand herausgelöst werden und die Angusspunkte an den Schnittstellen mühsam entfernt werden. Der Hinweis, mit einer Nagelfeile zu arbeiten, zeigt, dass die Verfasser der Bauanleitung wahrscheinlich die praktische Umsetzung noch nie selbst getestet haben. Und wehe, der 10-Jährige hat mit seinem Mini-Seitenschneider aus Versehen die falsche Seite erwischt. Wenn die Teile einmal aus dem Spritzgussgitter entfernt wurden, ist dann auch die Bezeichnung der Teile verschwunden. Wer das nicht beachtet, hat danach sehr lange „Spaß“ am Zusammenbau. Es empfiehlt sich, genügend kleine Behälter mit Beschriftung bereitzulegen, um auch die kleinsten Teile sicher zu lagern.
Fraglich ist, ob Kinder nach dem Aufbau und einmal Ausprobieren wirklich viel Zeit mit diesem Spielzeug verbringen werden, für dauerhaftes Spiel ist es eher ungeeignet. Einmal zusammengebaut traut sicher sich niemand mehr, den Roboter noch einmal zu zerlegen und erneut zusammenzubauen, denn die klitzekleinen Teile, Schnappverbindungen, die nur einmal richtig funktionieren, und fehlende Bezeichnung an den Kunststoffteilen machen keinen Spaß. Dafür ist der Roboter viel zu teuer. Fazit: Note ungenügend – nicht empfehlenswert.“
Die Einschätzung, dass der Aufbau nicht ganz einfach ist, wird von einer Seniorenakademie bestätigt: „Das Zusammenbauen war schon eine Herausforderung, da es sehr viele Einzelteile gibt. Das ist nur etwas für Bastler.“ Es gibt aber auch positivere Erfahrungen und einen Tipp von einer einer Senioren-Internet-Initiative: „Von Problemen beim Zusammenbau wurde bei uns nichts berichtet. Zum Herauslösen der Teile hatten wir einen kleinen Seitenschneider, mit welchem das hervorragend klappte.“
App
Das Mehrgenerationenhaus berichtet: „Über die Miika-App kann der Roboter direkt gesteuert werden. Es gibt fünf Bewegungsmuster: vorlaufen, zurücklaufen, rechtsdrehen, linksdrehen, stopp. Das Steuern über die App funktioniert einfach, ist aber nicht im Sinne des Projektes, KI zu erkunden. Der Roboter soll daher auch über Gesten oder Geräusche gesteuert werden. Dafür müssen im Trainingsmodus die Gesten (z. B. rechter Arm hoch für Rechtsdrehung) bzw. Geräusche trainiert werden. Die „KI“ ist in diesem Fall, dass der Körper in den Grundzügen bzw. Geräusche (wie z. B. Bellen) erkannt werden. Die Gesten bzw. Geräusche müssen vor dem Smartphone/Tablet gemacht werden, die App überträgt dann an den Roboter. Das Training bedarf einiger Wiederholungen. Leicht „übertrainiert“ man, dann folgt der Roboter nicht mehr und man startet neu. Außer den fünf Bewegungsarten kann der Roboter nichts. Neue Spielmodi sind nur das Training auf andere Gesten oder Geräusche. Insgesamt ist der Reiz der KI schnell vorbei, kein langer Spielspaß.“ Eine weitere Einschätzung lautet: „Das Training der App gestaltete sich problemlos. Die Feststellung bzgl. mangelnder Nachhaltigkeit beim Spielerlebnis kann ich nachvollziehen. Wobei das bei jedem Lego-Technik-Modell oder Puzzle ähnlich ist, die werden meist auch nur einmal zusammengebaut.“
Weitere KI-Lernspiele haben wir uns in diesen Artikeln angeschaut:
Haben Sie den Experimentierkasten oder andere Lernspiele zum Thema KI ausprobiert und möchten Ihre Erfahrungen teilen? Dann senden Sie gerne eine E-Mail an engel@bagso.de